In einer Zeit, in der das Anthropozän nicht mehr nur Theorie, sondern gelebte Realität ist, stellen beide Künstlerinnen die Frage nach dem Bild als Zeugnis: Was kann das Bild leisten, wenn Landschaften verschwinden, Arten aussterben und Erinnerungen fragmentarisch werden? In Ephemere Landschaften schaffen Kristofor und Putz keine Abbilder, sondern Denkfiguren—bildliche Konstrukte, die den Raum zwischen Sichtbarkeit und Verlust, zwischen Gegenwart und Abwesenheit ausloten. Das Potenzial des Bildes zu nutzen, um ein ökologischen Bewusstsein zu formen, das sich nicht auf Dokumentation, sondern auf Empfindung stützt, rückt in den Vordergrund.
Landschaft wird nicht als statischer Ort, sondern als dynamischer Resonanzraum begriffen—als Spiegel innerer Zustände, kollektiver Sehnsüchte und ökologischer Zusammenhänge. Dies zeigt sich besonders eindrücklich in den beiden Landschaften der Ausstellung: Zum einen die Mongolei, das dünnstbesiedelte Land der Welt, das trotz seiner geringen Bevölkerungsdichte stark vom Klimawandel betroffen ist—während Europa versucht, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, ist diese Schwelle dort bereits überschritten. Dem gegenüber steht das Yangtze-Delta in Shanghai—ein Raum, in dem ökologische Fragilität und globale Produktionsketten untrennbar verknüpft sind. Während die Mongolei die Klimafolgen existenziell spürt, ist es im Delta die industrielle Transformation, die ökologische Spuren verwischt und kulturelles Gedächtnis auslöscht.
Zwischen Spiegelung und Störung, Spurensuche und Auslassung entsteht eine gemeinsame ästhetische Sprache des Verschwindens—eine Topografie des Dazwischen.
Text von Livia Klein, 2025